Die Eigentumswohnung mit Eigengarten stellt für viele Menschen den absoluten Immobilien-Traum dar. Und das aus gutem Grund, denn sie vereint zahlreiche positive Aspekte in sich: Wohnen in der Stadt, meistens günstige Verkehrsanbindung, gute Infrastruktur und trotzdem die Möglichkeit, im Grünen zu entspannen, die Natur zu genießen und eventuell selbst Gemüse und Obst anzubauen.
Nicht selten aber kommt es selbst unter Jurist:innen zu Unsicherheiten, was den Eigengarten betrifft. Ist er nun Teil der Allgemeinflächen, ist er Zubehör oder Zuschlag? Wir zeigen, wie der Eigengarten aus Sicht der Nutzwertgutachter:innen zu bewerten ist.
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Eine Ligusterhecke beschäftigte vor einigen Jahren den Obersten Gerichtshof: Ein Wohnungseigentümer benutzte exklusiv einen Gartenteil, der an seine Wohnung angrenzte. Als Sichtschutz zur daneben befindlichen Allgemeinfläche pflanzte er eine Ligusterhecke. Ein anderer Wohnungseigentümer derselben Liegenschaft schnitt ebendiese Hecke von der Allgemeinfläche aus zurück. Er wurde verklagt, bekam aber Recht. Begründung des OGH: Der private Garten sei nicht als Zubehör zum WE-Objekt im Grundbuch ersichtlich und daher ebenfalls Allgemeinfläche.
Müssen Wohnungseigentümer:innen einer „Gartenwohnung“ um ihre Pflanzen und Grünanlagen im Eigengarten bangen?
Zunächst gilt es zu klären, ob ein Eigengarten ZuSCHLAG oder ZuBEHÖR der Wohnung ist.
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Ein Garten / ein Balkon / eine Terrasse ist dann Zuschlag zur Wohnung, wenn man er/sie baulich mit der Wohnung verbunden ist und man ihn/sie nur (ausschließlich) von der Wohnung (und nicht von einer Allgemeinfläche) aus betreten kann.
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Die Anteile des Zuschlags stehen im Grundbuch. Wie die Anteile berechnet werden, zeigt das Nutzwertgutachten.
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Ein Garten, den man (auch) über Gemeinschaftsflächen erreichen kann, ist Zubehör.
Grundsätzlich ist dazu zu sagen, dass alle jene Flächen, die nur über das dazugehörige und anschließende WE-Objekt und nicht über eine Allgemeinfläche zugänglich sind, als Zuschlag zu bewerten sind. Als Nutzwertgutachter:innen hatten wir, wie seit einigen Jahren üblich, Eigengärten als Zuschlag der Wohnungseigentumsobjekte, konkret Wohnungen, bewertet, wenn der Garten ausschließlich von der Wohnung aus zugänglich ist.
Achtung! Flächen, die über eine Allgemeinfläche zugänglich sind und dem WE-Objekt zugeordnet werden sollen, werden als dessen Zubehör bewertet. Dies gilt auch für Eigengärten.
Dazu beziehen wir uns auf das WEG 2002 idgF. §2 Abs. 3 und § 8 Abs. 2
Eigengarten: Zuschlag steht nicht im Grundbuch
Ein Balkon / eine Terrasse / ein baulich mit der Wohnung (dem WE-Objekt) verbundener Eigengarten stellt eine Werterhöhung dar und wird daher gesondert als Zuschlag des WE-Objektes bewertet. Er ist Teil des WE-Objektes und kann aus diesem nicht herausgelöst werden. Er gilt somit nicht als Allgemeinfläche. Außenliegende Balkone sind offene Flächen und werden daher auch nicht zur Wohnnutzfläche gerechnet.
Anteile des Zuschlags stehen im Grundbuch
Die Anteile des Zuschlags schlagen sich in den Gesamtanteilen des jeweiligen WE-Objektes nieder, die im Grundbuch abgebildet sind. Die Aufschlüsselung bzw. die Herleitung der einzelnen Wohnungseigentumsanteile ist im Nutzwertgutachten angeführt.
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Bewertung des Eigengartens
Gemäß WEG 1975 wurden Gärten als Zubehör bewertet. Die Rechtspfleger:innen der Grundbuchsgerichte verlangen jedoch seit Jahren, dass man Gärten gem. WEG 2002, je nach baulicher Zugänglichkeit, als Zuschlag oder als Zubehör bewertet. Die Judikatur ist jedoch nicht eindeutig und widerspricht sich im WEG 2002 selbst. Die Aufzählung der Zubehörobjekte wurde vom WEG 1975 (§2 Abs. 3) übernommen und löst damit einen Widerspruch aus, wie der letzte Satz zeigt. Es wird darin kein Unterschied zwischen Zubehör und Zuschlag gemacht, der aber de facto – und nach Meinung der Rechtspfleger:innen auch de jure – besteht.
„Zubehör-Wohnungseigentum ist das mit dem Wohnungseigentum verbundene Recht, andere, mit dem Wohnungseigentumsobjekt baulich nicht verbundene Teile der Liegenschaft, wie etwa Keller- oder Dachbodenräume, Hausgärten oder Lagerplätze, ausschließlich zu nutzen. Diese rechtliche Verbindung setzt voraus, dass das Zubehörobjekt ohne Inanspruchnahme anderer Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekte zugänglich und deutlich abgegrenzt ist.“ (Quelle: § 2 Abs. 3 des österreichischen Wohnungseigentumsgesetzes 2002 (WEG 2002))
Für uns als Nutzwertgutachter:innen ist die Bewertung der Eigengärten als Zuschlag für jene Fälle, in denen der Garten lediglich vom Wohnungseigentumsobjekt aus betreten werden kann, bestätigt. Fest steht jedenfalls, dass Eigentümer:innen von Gartenwohnungen – egal ob der Garten durch Zuschlag oder Zubehör im Eigentum steht – zur alleinigen Nutzung berechtigt sind.
Nachträgliche Eintragung des Eigengartens als Zubehör
INFO: Wer Sorgen hat, dass der Eigengarten nicht als Zubehör im Grundbuch eingetragen ist, sondern als Zuschlag dem WE-Objektzugerechnet wurde, kann beim zuständigen Grundbuchsgericht den Antrag stellen, dass das Zubehöreigentum nachträglich im Grundbuch eingetragen wird. Dies gilt auch dann, wenn der Garten ausschließlich vom WE-Objekt aus zugänglich ist und von Allgemeinflächen aus nicht betreten werden kann. Ob diesem Antrag im Einzelfall stattgegeben wird, entscheiden die Rechtspfleger:innen der zuständigen Gerichte.
Im besten Fall erfolgt diese nachträgliche Änderung im Grundbuch mit den bestehenden Unterlagen (Nutzwertgutachten etc.). Allerdings zeigt unsere Erfahrung, dass der Wohnungseigentumsvertrag umgeschrieben/ergänzt sowie das Nutzwertgutachten überarbeitet werden muss. Einer Änderung der Grundbucheintragung müssen außerdem alle Eigentümer:innen einer Liegenschaft zustimmen.
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Achtung beim Verkauf einer Wohnung mit Eigengarten!
„Topsanierte Wohnung mit Eigengarten“ – So beginnen viele Inserate auf Immobilienplattformen. Unser dringender Tipp: Wenn Sie eine Wohnung mit Garten verkaufen oder kaufen wollen, müssen Sie sicherstellen, dass der Garten auch zum Eigentum gehört. Wenn der Garten weder Zuschlag noch Zubehör der Wohnung ist, liegt ein Mangel vor. Als Käufer:in haben Sie Anspruch auf Gewährleistung und/oder Schadenersatz gegenüber dem/der Verkäufer:in, z. B. bezüglich etwaiger Kosten für den Nachtrag in das Grundbuch. Käufer:innen von Wohnungen mit Eigengarten sollten daher im Nutzwertgutachten und im Wohnungseigentumsvertrag genau nachsehen, wie der Garten erfasst ist und bei Unsicherheiten Fachleute (z. B. Sachverständige für Parifizierung) kontaktieren.
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Bild: DALL-E, nachbearbeitet in CANVA